Häufig wird Yoga auf bestimmte Aspekte reduziert. Menschen, die Yoga aus den sozialen Medien kennen, denken vermutlich sofort an flexible Körper und beeindruckende Posen. Wer lediglich im Fitnessstudio praktiziert, sieht es vielleicht nur als ein Workout. Doch ist Yoga nicht mehr als das? In diesem Artikel möchte ich beleuchten, worum es beim Yoga NICHT geht und welche Bedeutung tatsächlich dahinter steckt.

1. Ausschließlich Übungen auf der Yogamatte

Yoga wird im alltäglichen Sprachgebrauch oft auf die Asanas reduziert, die wir auf der Matte praktizieren. Auch ich habe Yoga vor meiner Balireise lediglich als ein ausgiebiges Stretching definiert, das meine Rückenschmerzen vom vielen Sitzen verschwinden lies. Doch Yoga ist viel mehr als das: Es ist ein ganzheitliches Konzept, das darauf abzielt, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen.

Yoga umfasst eine Vielzahl von Techniken und Philosophien, die unser Leben bereichern können. Atemtechniken (Pranayama) spielen eine zentrale Rolle; sie helfen uns, unsere Lebensenergie (Prana) zu regulieren und fördern sowohl körperliche als auch geistige Klarheit. Meditation ist ein weiterer wichtiger Bestandteil, der es uns ermöglicht, zur Ruhe zu kommen und einen tieferen Zugang zu uns selbst zu finden. Darüber hinaus beinhaltet Yoga auch körperliche Reinigungsrituale (Shatkarma), die dazu dienen, den Körper von Giftstoffen zu befreien.

Die philosophischen Prinzipien des Yoga (Yamas und Niyamas) bieten ethische Richtlinien für unsere Beziehungen zu uns selbst und zu anderen. Die Matte ist somit lediglich der Ort, an dem wir beginnen, uns intensiver mit uns selbst auseinanderzusetzen und uns Schritt für Schritt besser kennenzulernen.

2. Eine reine Entspannungstechnik

Beim Schreiben dieses Absatzes musste ich grinsend an das Asana namens Shavasana dachte. In dieser Position liegt man entspannt auf dem Rücken, die Beine leicht auseinander und die Arme liegen mit den Handflächen nach oben neben dem Körper. Mit Yoga wird häufig eine Entspannungstechnik zum Stressabbau assoziiert. Und zweifelsohne: Yoga hilft dir dabei, zur Ruhe zu kommen und wieder zu einem inneren Gleichgewicht zurückzufinden.

Doch Yoga hat noch viel mehr zu bieten als nur Entspannung. Es hält sowohl körperliche als auch geistige Herausforderungen bereit, die weit über das bloße Entspannen hinausgehen. Die Ausführung der verschiedenen Asanas erfordert Konzentration und Disziplin; sie ist eine körperliche Anstrengung, die gleichzeitig deine Kraft, Flexibilität und dein Gleichgewicht trainiert. Jede Haltung fordert den Körper auf unterschiedliche Weise heraus, was nicht nur deine allgemeine Fitness verbessert, sondern auch deine Körperwahrnehmung schult.

3. Ein Wettbewerb

Yoga ist kein Wettbewerb – weder gegen andere noch gegen uns selbst. Diesen Punkt zu verinnerlichen, fällt mir oft schwer. Ich bin mit Sportwettkämpfen aufgewachsen, und alles daran zu geben, ein Ziel zu erreichen, liegt mir im Blut. Besonders herausgefordert fühle ich mich, wenn ich durch Instagram scrolle und all die perfekten Yogis und Yoginis vor atemberaubenden Hintergründen sehe. Ihre Inversionen sehen aus wie bei Zirkuskünstler:innen.

Mir ist bewusst, dass nicht alles auf Social Media tatsächlich so ist, wie wir es wahrnehmen, und dass oft jahrzehntelange Disziplin und Durchhaltevermögen dahinterstecken. Doch irgendwie fühlt sich etwas in mir dadurch trotzdem getriggert. Das Ziel wäre natürlich, mich gar nicht mehr zu vergleichen. Denn das ist, worum es beim Yoga nicht geht! Doch ich glaube, das ist noch ein weiter Weg.

Bis dahin versuche ich, meine „for you“-Page auf Instagram so vielfältig wie möglich zu gestalten. Ich habe angefangen, den Accounts, die mich schlecht fühlen lassen, zu entfolgen und mich dafür mehr mit Yogis und Yoginis auf meinem Level zu vernetzen. Sich gegenseitig wachsen zu sehen und durch Tipps zu unterstützen, tut gut.

Außerdem nehme ich mir vor, meinen Social-Media-Konsum herunterzuschrauben (wobei das nochmal ein ganz anderes Thema ist). Um mich mit mir selbst und meiner Asana-Praxis wohlzufühlen, hilft es mir auch, reale Yoga-Kurse zu besuchen. Ich versuche, meinen Fokus nach innen zu richten. Jeder Körper ist unterschiedlich und hat unterschiedliche Fähigkeiten. Die wahre Bedeutung des Yoga liegt darin, zu erkennen, dass wir jetzt schon (gut) genug sind. Es geht darum, uns selbst und unserem Körper etwas Gutes zu tun.

4. Eine Religion

In der westlichen Welt wird Yoga häufig mit dem Hinduismus assoziiert, was immer wieder zu Missverständnissen führt. Obwohl Yoga seine Wurzeln in der indischen Kultur hat und im Hinduismus als gängige Praxis etabliert wurde, ist Yoga keine Religion. Du musst also keiner bestimmten Glaubensrichtung angehören oder überhaupt religiös sein, um ein authentischer Yogi oder eine authentische Yogini zu sein.

Das Schöne am Yoga ist, dass alle Menschen eingeladen sind, daran teilzuhaben – unabhängig von Alter, Geschlechtsidentität, Herkunft oder sexueller Orientierung. Niemand wird ausgeschlossen. Du kannst dir also sofort eine Yogamatte schnappen und mit der Praxis beginnen. Erkunde dein Inneres, mache individuelle Erfahrungen und wachse dabei. Yoga ermutigt dich, deinen eigenen Weg zu finden und von allem, was dir auf dieser Reise begegnet, zu lernen und zu profitieren.

5. Perfektion

Wie wir gelernt haben, ist Yoga eine bunte und facettenreiche Praxis, die weit über das hinausgeht, was wir im Alltag darunter verstehen. Es ist ein ganzheitliches Konzept, das Körper, Geist und Seele in Einklang bringt und uns dazu einlädt, uns selbst Stück für Stück besser kennenzulernen. Diese Einladung richtet sich an alle Menschen. Doch eines ist sicher: Yoga bedeutet nicht Perfektion. Vielmehr geht es darum, zu lernen und zu wachsen sowie sich selbst etwas Gutes zu tun.

Weiterentwicklung ist individuell, und jeder noch so kleine Fortschritt darf gefeiert werden. Zudem macht jede:r seine oder ihre eigenen Erfahrungen und findet seinen oder ihren eigenen Weg – genau das macht Yoga so besonders. Am besten gelingt dies ohne Druck oder Vergleiche mit anderen. Denn es ist gut möglich, dass der Weg, der für jemand anderen funktioniert, für dich nicht geeignet ist – und umgekehrt.

Hat dich der ein oder andere Punkt überrascht? Oder gibt es etwas, was du ergänzen möchtest? Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren mit der Community.


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